Interview zum 30-jährigen Dienstjubiläum mit Uwe Beyer!

von | 17. Februar 2021

Während die Uhren in unserem geliebten Sport still stehen und auf DTTB-Ebene bereits zurück gedreht wurden, feierte eine für unseren Verband ganz wichtige Person sein Jubiläum.
Die Rede ist von unserem Landestrainer Uwe Beyer.
Er feierte im Januar sein 30-jähriges Jubiläum als Landestrainer im TTVB. So lange ist kein anderer Landestrainer in ein und demselben Bundesland im Amt!
Zusammen mit unserem Geschäftsführer Günter Nostitz, der seit dem 01.03.1991 im Amt ist, bildet er außerdem auch ein absolut eingespieltes Team, das die Geschicke in der Geschäftsstelle hervorragend leitet.
 
Im folgenden Interview schaut Uwe auf die letzten 30 Jahre zurück und wird so einiges verraten, was die meisten bisher noch nicht gewusst haben:
 
TTVB: Uwe, Du bist ja von Anfang an unser Landestrainer. Wie kam es eigentlich dazu und wie bist Du überhaupt zum Tischtennis gekommen?
 
Uwe: So ganz am Anfang, der TTVB wurde bekanntlich am 25.August 1990 gegründet, war ich aber dann doch nicht dabei. Meine Anstellung, übrigens zunächst auf Basis eines Arbeitsvertrages beim DTTB, dem nationalen Spitzenverband, begann nämlich erst am 01.01.1991. Das abgeschlossene Sportstudium an der DHfK in Leipzig und die Verpflichtung, schnellstmöglich die DTTB A-Lizenz erfolgreich abzulegen, was dann 1993 erfolgte, waren wesentliche Voraussetzungen für den Arbeitsvertrag als TTVB-Landestrainer. Bei der BSG Stahl Finow habe ich jahrelang Fußball gespielt, bin dann im Alter von 14 Jahren vereinsintern zur Sektion Tischtennis gewechselt und von da an war ich „Feuer und Flamme“ für Tischtennis. Ehrlich gesagt, war ich sportlich gesehen aber auch nur „Einer von Vielen“, ohne „richtige“ TT-Erfolge, hatte aber immer viel Spaß und Freude am TT-Spiel.
TTVB: Wie stellte sich nun für Dich die Ausgangslage für den TTVB und dabei speziell der Nachwuchsbereich zu Beginn des gesamtdeutschen TT-Starts dar und welche Hauptaufgaben galt es zu bewältigen?
 
Uwe: Bekanntlich wurde die Sportart Tischtennis in der DDR seit 1968 nicht mehr gefördert. Es gab also Anfang der 90’ziger Jahre sowohl im Bereich der Damen und Herren aber vor allem im Nachwuchsbereich sehr große Leistungsunterschiede zwischen „Ost“ und „West“. Der TTVB war damals in 4 Spielbezirke Uckermark, Oderland, Lausitz und Havelland aus den ehemaligen DDR-Bezirken Neubrandenburg, Frankfurt (O.), Cottbus und Potsdam strukturiert, wobei die Vereine ESV Prenzlau, SV Stahl Finow, 1.KSV 64/90 Fürstenwalde, TTV Einheit Potsdam, TSV Stahnsdorf und SG Automation 86 Cottbus mit ihren besten Damen- und Herrenteams den TTVB im überregionalen Meisterschaftsbetrieb vertraten. Die gute Trainingsarbeit der ehemaligen Schwerpunktsektionen des DTTV der DDR im Land Brandenburg sowie die Kinder- und Jugendsportschule in Cottbus, im Schuljahr 1990/91 wurden bereits talentierte Kinder und Jugendliche für das Spezialfach Tischtennis eingeschult, waren die Grundlage für den Start unserer Nachwuchsarbeit. Neben der Erarbeitung eines Nachwuchsleistungsportkonzepts für das Land Brandenburg mit konkreten Leitlinien, Festlegungen, Zielstellungen zum langfristigen Leistungsaufbau und zur Leistungsförderung, also die Formulierung unserer Entwicklungsstrategie als trainingsmethodische Arbeitsgrundlage, war eine meiner ersten Amtshandlungen die Initiierung eines Trainergremiums. Über sogenannte TTVB-Trainertreffs wurde dann auch der bis heute für den leistungssportlichen Bereich verantwortlich zeichnende TTVB-Trainerrat im Mai 1993 gegründet. Mir war von Anfang an viel daran gelegen, engagierte und interessierte Trainer auf den Weg mitzunehmen und mit ihnen gemeinsam etwas für den TTVB zu erreichen. Ich erinnere mich an ganz viele, intensive, Nächte durchmachende, Gedankenspiele und Diskussionen in dieser besonderen Zeit der Aufbruchstimmung wirklich sehr gern zurück.
 
TTVB: Wie verlief die sportliche Entwicklung, welche Ergebnisse wurden erzielt und vielleicht könntest Du uns, am besten in chronologischer Reihenfolge, von ganz besonderen Highlights berichten?
 
Uwe: Für den Nachwuchsbereich galt, dass wir in unseren Anfangsjahren auf NTTV- und noch viel mehr auf DTTB-Ebene in der Tat „herumkrebsten“. Bereits beim Einspielen bei den überregionalen WK-Teilnahmen waren sehr deutliche Niveauunterschiede festzustellen. An meiner Seite bemühten sich ebenso ehrgeizige Stützpunkt- und Vereinstrainer wirklich sehr, den großen Leistungsrückstand zu den Aktiven aus den alten Bundesländern zu verringern. Unsere Strategie, sich sehr frühzeitig um die Ausbildung von sehr jungen Talenten zu bemühen, wurde erfreulicherweise belohnt. Zunächst gelangen nur kleinere Erfolgserlebnisse: Andrea Richter (TTC Sängerstadt Finsterwalde) gewann im Februar 1992 unsere erste NTTV-Meisterschaftsmedaille (Bronze im Doppelwettbewerb der A-Schülerinnen / U15-Bereich) und beim gleichen Wettkampf siegte Sven Kath (IPP Rotation Schwedt) im Jugendbereich (U18) gegen den aktuellen Schülereuropameister Thomas Schröder (TTVN) sensationell. Bei der Norddeutschen Einzelmeisterschaft der Schüler und Jugend im Februar 1996 konnte dann Conny Lehrack (SG Blau-Weiß Eggersdorf) die erste TTVB-NTTV-Einzelmedaille durch ihren 3.Platz bei den A-Schülerinnen/U15 gewinnen. Jana Klocek (SG Automation 86 Cottbus) gewann ein Jahr später im Schülerinnen/U15-Doppel die erste TTVB-NTTV-Goldmedaille und beim Ländercup, dem Mannschaftsvergleichswettkampf der neuen Länder, erreichte unsere Auswahl der U15-Schüler/Innen im April 1996 zum ersten Mal Platz 1.
Weitere großartige überregionale Ergebnisse folgten. So gewannen Marc Schinkel (TTC Finow Eberswalde) und Lienhard Scholz (SG Automation 86 Cottbus) im März 1999 gemeinsam im Doppelwettbewerb der A-Schüler/U15 die erste TTVB-Medaille bei Deutschen Meisterschaften. Unsere 1.Goldmedaille bei einer Norddeutschen sowie unsere 1.Einzelmedaille bei einer Deutschen wurde in der Saison 2001/02 von Laura Matzke (ESV Prenzlau) im Einzel der A-Schülerinnen/U15 gewonnen. Apropos Laura, also sie war mit ihren hervorragenden Ergebnissen in der Saison 2002/03 (1.Plätze DTTB Top 16 & Top 12 der A-Schülerinnen/U15, Deutsche Doppelmeisterin bei den A-Schülerinnen/U15) die Leistungsträgerin beim Gewinn des DTTB-Deutschlandpokal unserer A-Schülerinnen/U15, vor allem aber mit ihrer Nominierung für Deutschland bei den 46.Jugendeuropameisterschaften mit dem Gewinn der Bronzemedaille im Mannschaftswettbewerb natürlich unser damaliges Aushängeschild. Ihre Vereinskameradin Julia Kasbaum konnte im gleichen Spieljahr mit ihren ganz starken Einzelergebnissen u.a. 3.Platz / 8.Platz beim DTTB-Top 12 / 16 der A-Schülerinnen/U15, Vizemeisterschaften auf nationaler und regionaler Ebene der A-Schülerinnen/U15 und bei den Mädchen/U18 ebenfalls unsere positive Leistungsentwicklung unterstreichen. Dieser einzigartigen TTVB-Erfolgsbilanz folgten in der Saison 2005/06 weitere sehr gute überregionale TTVB-Leistungsnachweise. Franziska Bütow (ESV Prenzlau) wurde Norddeutsche Einzelmeisterin bei den Mädchen/U18 und den Silber-Platz beim DTTB-Top 48 der Mädchen/U18 errang Claudia Freiwald (TTC Finow Eberswalde). Marc Brendel (ESV Prenzlau) und Thomas Jannek (MTV Wünsdorf) konnten in der Saison 2007/08 den Doppeltitel bei den A-Schülern/U15 bei der Norddeutschen Meisterschaft gewinnen. Die TTVB-Auswahlspielerinnen Vivien Scholz (SG Geltow), Carolin Gragoll (Fürstenberger SV), Ann-Marie Dahms (SV Hellas Nauen) und Isabell Puskas (TTC Finow Eberswalde) waren mit ihren vorderen Platzierungen auf überregionaler Ebene ebenfalls sehr erfolgreiche TTVB-Auswahlspielerinnen. So gewann Vivien zwei NTTV-Vizemeisterschaften im Einzel der A-Schülerinnen/U15 2010/11 & 2011/12, Carolin gelang mit Ann-Marie der Doppelsieg bei den Schülerinnen/U15 2012/13 und der Sieg im Einzelfinale der A-Schülerinnen/U15 gegen Isabell, die sich dann ein Jahr später, also in der Saison 2014/15, den Einzeltitel sicherte. Mit ihrem 1. (2013/14) und dem 2.Platz (2014/15) beim nationalen Sichtungsturnier, dem DTTB-Talentcup, konnte sich dann Chiara Baltus (TTC Finow Eberswalde) richtig stark auf nationaler Ebene präsentieren und über die DTTB-Nominierung für die Euro-Mini-Champs, der U12-Europameisterschaft im französischen Schiltigheim im August 2015, wirklich sehr freuen. In der Wettkampfsaison 2015/16 gewinnt Alina Schön (ESV Prenzlau) die NTTV-B-Schüler/U13-Rangliste und norddeutsche Doppelmeisterinnen bei den Mädchen/U18 werden Annie Jordan und Carolin Gragoll. Alina kann in der darauffolgenden Saison in einem reinen TTVB-Finale den Einzeltitel bei den A-Schülerinnen/U15, Ann-Marie die Einzelmeisterschaft bei den Mädchen/U18 und Chiara das B/U13-Ranglistenturnier auf NTTV-Ebene gewinnen. Unser nationales Erfolgserlebnis war der 1.Platz beim DTTB-Talentcup von Sophia Rudolph (TTC Finow Eberswalde). Auch in den nachfolgenden Spielzeiten 2017/18, 2018/19, 2019/20 und 2020/21 kann der TTVB-Nachwuchs mit starken Ergebnissen, z.B. der sensationelle Gewinn der nationalen Doppelmeisterschaft bei den Mädchen/U18 von Ann-Marie, mit einer erneut sehr guten Platzierung beim DTTB-Talentcup als 2. von Sophia, einem kompletten „TTVB-Podest“ bei den NTTV-Meisterschaften im Einzel der A-Schülerinnen/U15, der Gewinn der Goldmedaille im Mädchen/U18-Einzel von Lisa Wollschina (Cottbuser TT Team) und im A-Schüler/U15-Doppel von Matti Klein & Janne Richter (Cottbuser TT Team) sowie weitere zahlreiche Medaillenplatzierungen bei den NTTV-B/U13-Ranglisten, überregional überzeugen.
Engagierte TTVB-Trainer und ihre talentierten Schützlinge haben es also gemeinsam geschafft, unser Bundesland Brandenburg in den letzten 3 Jahrzehnten außerhalb unserer Landesgrenzen immer wieder würdig zu vertreten. Eine besondere Anerkennung und Wertschätzung erfuhr unsere sportliche Entwicklung übrigens auch durch meine Nominierung und dem 2.Platz bei der vom Verband Deutscher Tischtennistrainer deutschlandweit organisierten Wahl zum Trainer des Jahres 1997.
 
TTVB: Hört sich ja alles ganz nach einer schönen TTVB-Erfolgsgeschichte an, aber war wirklich immer „Alles Super“?
 
Uwe: Tatsächlich haben sich viele unserer Hoffnungen und Erwartungen auf eine positive sportliche Entwicklung im Nachwuchsbereich erfreulicherweise erfüllt, obwohl in den letzten gut 30 Jahren selbstverständlich auch unsere Landesauswahl immer mal wieder schmerzhafte Niederlagen und Rückschläge einstecken musste und nicht alle sportlichen Ziele erreicht wurden. Auch TTVB-intern gab es unschöne Konflikte und aufreibende Streitigkeiten, denn selbstverständlich sind nicht alle Veränderungen reibungslos abgelaufen. Von Beginn an war ich davon überzeugt, dass die gegenseitig respektierende, sportlich faire und ehrlich-wertschätzende Zusammenarbeit von Trainern und Funktionären unser „Schlüssel zum Erfolg“ ist. Sich diesem Teamgedanken unterzuordnen und dabei über den (TTVB-)Tellerrand hinauszublicken, war nicht jedermanns Sache, so dass es beispielsweise leider auch im Trainerteam zu unerfreulichen Auseinandersetzungen kam. Auch sind notwendige Entscheidungen bei Nominierungen nie unproblematisch und hatten immer mal wieder „Stresspotential“. Aber trotz allem haben sich die vielen Bemühungen und großen Anstrengungen gelohnt, denn es ist gelungen, den TTVB-Nachwuchsbereich voranzubringen. Nicht zuletzt zeigen die erzielten Ergebnisse, dass vieles richtig gemacht wurde.
 
TTVB: Dann bleibt ja nur noch der Blick voraus, auf die nächsten gut 30 Jahre TTVB?
 
Uwe: Naja, ganz so weit kann mein Blick natürlich nicht gehen, bin schließlich nicht mehr der Jüngste. Aktuell haben wir jedenfalls ein tolles Trainerteam, bei dem jeder vom anderen gern lernt und mit voller Leidenschaft bei der Sache ist. Die Weiterentwicklungen in unserem Sport müssen auch unbedingt bei der Trainingsarbeit mit unserem Nachwuchs Berücksichtigung finden, schließlich soll der eingeschlagene Weg auch erfolgreich weitergegangen werden. Wenn unsere Talente, die durchaus vorhanden sind, bereit sind, intensiv an sich zu arbeiten, sich bestmöglich anzustrengen und auch ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit mitzubringen, ist ein kontinuierlich erfolgreiches Abschneiden unseres Team-Brandenburg auch zukünftig möglich. Klar, es bedarf weiterhin wirklich sehr viel Anstrengung, großen Bemühens und viel Vertrauen aller Verantwortlichen und natürlich auch immer etwas Glück, aber schließlich ist es uns in den letzten drei Jahrzehnten ganz gut gelungen 🙂
 
Vielen Dank für die ausführlichen Antworten Uwe!

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