Interview mit Claudia Petereit

von | 22. Mai 2020

Nachgefragt bei Claudia Petereit:

Zum TT-Neustart am Landesstützpunkt Finow nach der Corona-Pause.

Seit dem 15.Mai 2020 ist in der Sporthalle der Bahnhofstraße in Eberswalde das allseits vertraute Klicken der Bälle zu hören. Zwar war seit diesem Tage lediglich der kontaktlose Sportbetrieb im Breitenund Freizeitsport unter freiem Himmel unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln gestattet. Für Landes- oder Bundesstützpunkte aber, an denen Kadersportler der Länder trainieren, vereinbarte der DOSB mit der Bundesregierung eine Sondergenehmigung. Die Möglichkeit dafür ist aber nur eine Seite der Medaille. Auf einem ganze anderen Blatt steht die Tatsache, ob dafür auch die geforderten Voraussetzungen vorhanden sind. Wie aber sind die Finower Stützpunkt-Verantwortlichen an diese Frage herangegangen? Was haben sie unternommen? Wer und was haben ihnen dabei geholfen? Diese und andere Fragen stellte TTVB-Geschäftsführer Günter Nostitz, als amtierender ehrenamtlicher
Pressewart der verantwortlichen Trainerin des Landesstützpunktes in der Barnim-Metropole, Claudia Petereit.

Frage: Hallo Claudia. Ich hoffe Dir geht es gesundheitlich gut! Ihr als Stützpunkt trainiert ja so viel und intensiv wie nur wenige andere Vereine Brandenburgs. Wie hast Du, haben Eure Kader diese Coronabedingte TT-Zwangspause verkraftet?

Antwort: Hallo Günter, mir und meiner Familie geht es gesundheitlich bestens. Ich hoffe, dass trifft auf dich genauso zu.
Ich werde den 12. März 2020 nicht so schnell aus meinem Gedächtnis streichen können. Zunächst die Absage der deutschen Schülermeisterschaften, bei denen wir mit Sophia Rudolph, Michelle Wutskowsky und Johannes Bernitz gleich drei heiße Eisen am Start gehabt hätten und wenige Minuten später die Information, dass ab 13. März bis einschließlich der Osterferien kein Training stattfinden darf. Ich stellte mir die Frage, wie man 5 Wochen ohne den besten Sport der Welt nur aushalten solle. Dass es dann sogar 9 Wochen wurden, ist kaum vorstellbar. Doch wir haben es mit individuellen Konditionsprogrammen sowie viel Ballgewöhnungsübungen überstanden. Vielleicht lag es aber auch an der Tatsache, dass plötzlich in einigen Finower Wohnzimmern ein Esstisch gegen einen Tischtennistisch ausgetauscht wurde.

Frage: Nach den 1. Lockerungen Mitte Mai für den Outdoor-Sport, kam dann ja auch die Freigabe für das Training der Bundes- und Landeskader für Indoor-Sportarten. Wie habt Ihr darauf reagiert?

Antwort: Johannes Gohlke und ich hatten bereits versucht die Eindämmungsverordnung vom 20. April nach unseren Wunschvorstellungen zu deuten und zumindest ein Einzeltraining durchzusetzen. Die Corona-Beauftragten der Stadt machten uns da jedoch noch einen Strich durch die Rechnung. Als dann
Anfang Mai die Bundes- und Landeskaderregelung veröffentlicht wurde, fackelte ich nicht lange und habe sofort am darauffolgenden Montag die Stadt Eberswalde kontaktiert und für Freitag, den 15. Mai das lang ersehnte „Go“ erhalten.

Frage: Wichtigste Bedingung für die Wiederaufnahme des Kader-Trainings war und ist ja die Einhaltung
aller Hygienevorgaben. Das gilt für die allgemeinen, für jeden verbindlichen ebenso, wie für die sportartspezifischen. Die Landesverbände und der DTTB hatten ja ein Handlungs- und Hygienekonzept für den TT-Sport erarbeitet. Wie hat Euch das geholfen und wie habt Ihr dieses umgesetzt?

Antwort: Wir haben uns zunächst das erste strenge DTTB Handlungs- und Hygienekonzept als Grundlage genommen um einen eigenen Hygieneplan auszuarbeiten. Dabei war meine berufliche Situation ebenfalls von Vorteil, da in der Schule ja auch strenge Vorgaben gelten.
Hier ein kurzer Abriss: der bzw. die Trainer bauen mit Handschuhen Tische, Netze und Umrandungen auf; die bereits in Sportsachen gekleideten Spieler/innen werden zum Trainingsbeginn mit Mund- und Nasenschutz in die Halle geholt; jede/r geht unmittelbar zu seiner Spielbox; es wird innerhalb der Box mit unterschiedlich farbigen Bällen trainiert und zusätzlich gekennzeichnet, damit gewährleistet ist, dass jede/r nur die eigenen Bälle berührt; nach dem Training werden die Tische desinfiziert und von den Trainern mit Handschuhen abgebaut; dabei gilt es stets die Mindestabstände zwischen den Personen
einzuhalten; die Nies- und Hustetiketten sind zu beachten; selbstverständlich auch das ausgiebige Händewaschen; es wird eine Anwesenheitsliste geführt.

Frage: Nun ist ja fast alles im Zusammenhang mit der Pandemie neu. Wer waren denn diejenigen, die Euch vor Ort am meisten beim Trainingsstart am Landesstützpunkt geholfen haben und auf welche Weise?

Antwort: Die meiste Unterstützung konnten wir von Herrn Kuhnke, dem Sportverantwortlichen der Stadt Eberswalde, erhalten. Direkt nach meinem Anruf an dem besagten Montag, blätterte er in der Eindämmungsverordnung und veranlasste alles Nötige um uns bzgl. der Hallenkapazitäten und damit verbundenen Hallenwarte den Trainingsstart zu ermöglichen. Auch unserem Tischtennisausrüster Carsten Blaschek sind wir dankbar, dass er es ermöglichte binnen zwei Tagen orangene Bälle bei uns „einfliegen“ zu lassen.

Frage: Nun seid ihr, glaube ich, der erste Ort Brandenburgs, in dem nach dem Corona-Ausbruch wieder TT trainiert wurde. Wie verliefen denn nun die ersten Trainingseinheiten? Wie wurden von den Kadern die Hygienevorgaben eingehalten? Wie motiviert und diszipliniert waren sie?

Antwort: Es war vermutlich das beste Kadertraining in diesem Jahr! Alle Anwesenden waren so dermaßen tischtennishungrig, dass es eine wahre Freude war zuzusehen, wie sie voller Einsatz dem Plastikball hinterherjagten. Sicherlich waren auch alle besonders diszipliniert, da sich die Spieler/innen der enormen Verantwortung und Vorbildwirkung bewusst sind. Die Hygienevorgaben wurden eins zu eins umgesetzt, was allerdings auch Grundvoraussetzung ist um weiterhin am Training teilzunehmen.

Frage: Jeder Verein muss ja nun einen Hygienebeauftragten benennen. Wenn Du das für Euren Verein und den Landesstützpunkt bist, kannst Du ja nicht bei jedem Training selbst dabei sein, um die Einhaltung der Hygiene-Vorgaben zu kontrollieren. Wie sichert Ihr es trotzdem ab, dass trotzdem allen Hygieneregeln von allen Kadern und Trainern eingehalten werden?

Antwort: Da vorerst nur Kadertraining erlaubt ist, bin ich bei jeder Maßnahme die Chefin und habe alles im Blick. Wenn dann nach und nach auch Lockerungen für die Nicht-Kaderathleten gegeben werden, haben wir von Vereinsseite ein klares System. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass man sich in einen online-Terminkalender eintragen muss um einen bestimmten Tisch zu buchen. Das werden wir von Vorstandsseite in den Hallen stichpunktartig kontrollieren – vertrauen natürlich aber auch hier auf die Vernunft unserer Vereinsmitglieder.

Frage: Was würdest Du anderen Vereinen als Wichtigstes raten, die sich auch auf die Wiederaufnahme ihres Trainingsbetriebes vorbereiten wollen?

Antwort: Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man die Genehmigung und Rückendeckung der Hallenverantwortlichen (Stadt, Kreis, …) hat. Wenn diese Hürde überwunden ist, sollte man das Hygienekonzept veröffentlichen und von jedem Trainierenden bzw. dessen Eltern durch Unterschrift bestätigen lassen. Die Einhaltung wird funktionieren, da ja niemand mehr so lange ohne Tischtennis auskommen möchte.

Danke Claudia! Ich wünsche Euch, dass das Stützpunkttraining in den nächsten Wochen reibungslos läuft und dass die Einschränkungen nach und nach zurückgefahren werden. Bleibt bitte alle gesund.

Ich habe zu danken!

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